Wojciech Kurtyka
„Die Berge haben mir gegeben, wonach ich gesucht habe“

Wojciech Kurtyka wurde im April an den Piolets d’Or in La Grave (F) mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet. Bei dieser Gelegenheit gewährte uns der zurückhaltende polnische Bergsteiger ein Interview.
Er steht leibhaftig vor mir, Wojeciech Kurtyka. Er wirkt ausgezehrt, sein ist Blick fest und durchdringend und um seine Lippen macht sich ein halb geniertes, halb spöttisches Grinsen breit. Trotz seiner 68 Jahre wirkt sein langgliedriger Körper grazil. Seine grüne Daunenjacke und der elegant um den Hals gewickelte Schal verleihen ihm etwas Dandyhaftes. Die Bergsteigerlegende klettert auch heute noch, befasst sich aber mittlerweile mehrheitlich mit Buddhismus, Gartenarbeit und mit der Betrachtung der Welt. Er hat mit uns über seine Lebenseinstellung und seine Auffassung von Bergsteigen gesprochen.
Man hat das Gefühl, dass Ihnen diese Auszeichnung nicht ganz geheuer ist, obwohl sie Ihnen von Gleichgesinnten verliehen wurde. Warum? Ich hatte Mühe, den Preis zu akzeptieren. Ihn anzunehmen hätte eitel wirken können, aber wenn ich ihn abgelehnt hätte, wäre ich vielleicht als eingebildet rübergekommen. Bei einer solchen Ehrung besteht die Gefahr, dass man der Illusion verfällt, besser oder wichtiger zu sein als andere. Sie kann das Gift sein, das einem zum Sklaven seines Egos macht. Für mich ist Bergsteigen aber ein Streben nach Freiheit, also genau das Gegenteil.
Wenn man die wenigen Interviews mit Ihnen liest, hat man den Eindruck, Bergsteigen sei für Sie vor allem etwas Spirituelles. Ist das so? In gewisser Weise schon, auch wenn ich das Sportliche an den Herausforderungen durchaus geliebt habe, da es einem dazu bringt, über sich selbst hinauszuwachsen. Nur wenn daraus Wettkampfgeist wurde, widersprach das meiner Einstellung. Ich habe mit dem Spitzensport aufgehört, als ich das Gefühl hatte, die Berge hätten mir alle Antworten gegeben, nach denen ich gesucht hatte. Heute fühle ich mich stärker im Einklang mit allem, was auf der Welt lebt. Dieses Bewusstsein habe ich durch meine Naturverbundenheit erlangt, die beim Bergsteigen verstärkt wurde, aber durchaus auch auf einem anderen Weg hätte entstehen können. (...)
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