Wo Rauch ist,

ist auch Feuer

Text
Claude Hervé-Bazin
Copyright
Geran de Klerk
Erscheinungstermin
30.05.2019
Wo Rauch ist,

Keine Zeit mehr für Ablenkungsmanöver, Handeln ist angesagt. Die ungebremste Abholzung und die globale Erwärmung setzen den Wäldern weltweit so stark zu wie noch nie. Zwar gab sich das Amazonasgebiet während rund zehn Jahren als Musterschüler (man sah den Wald vor lauter Bäumen nicht) und das Pariser Übereinkommen liess ein weltweites Bewusstsein für die Dringlichkeit des Problems erhoffen, doch jetzt drohen die mageren Errungenschaften in Rauch aufzugehen.

Zerstörung unserer Wälder: eine Bestandesaufnahme
Auf der Erde wachsen drei Billionen (3 000 000 000 000) Bäume. Bei knapp 8 000 000 000 Menschen macht das fast 375 Bäume pro Erdbewohner. Alles bestens also? Oder doch nicht? Fast täglich berichten Meldungen von der weltweit zunehmenden Abholzung. Früher war die Landfläche unseres Planeten zur Hälfte bewaldet, heute nur noch zu 30,6 Prozent. In den 1990er-Jahren sorgte die von der unkontrollierten Tropenwaldrodung für Rinderzucht und Pflanzenbau verursachte Verwüstung weltweit für Schlagzeilen. Promis wie Sting trugen das Problem in die Medien, um die Öffentlichkeit für den Raubbau an der Natur zu sensibilisieren. Obwohl ein Fünftel des Amazonas bereits vernichtet worden war, zeigte die Aufklärungsarbeit Wirkung: 2012 schritt die Entwaldung viermal langsamer voran als 1995. Gerettet ist der Wald damit aber noch lange nicht, denn die Zerstörung wurde zwar gebremst, aber nicht gestoppt. Schlimmer noch: Mittlerweile hat die Waldvernichtung wieder zugenommen. Die Lockerung der strengen Umweltvorschriften der 2000er-Jahre und die Wirtschaftskrise in Brasilien haben die Rodung wieder beschleunigt. Und die von der Bolsonaro-Regierung angekündigten, höchst umstrittenen Massnahmen lassen in diesem so wichtigen Bereich Schlimmes befürchten.

Praktisch überall sonst brennt der Wald. Nach Angaben von Forschern der University of Maryland hat die Erde 2016 weitere 73 000 Quadratkilometer Wald verloren. Indonesien geht mit schlechtem Beispiel voran. Hauptverantwortlich für die Entwaldung, die doppelt so schnell voranschreitet wie in Brasilien, ist die massive Ausweitung des Ölpalmenanbaus. Seit 2000 ist die Waldfläche des Landes um 15 Prozent geschrumpft. Das Verbot von Palmöl-Biokraftstoffen in der Europäischen Union ab 2021 sollte dem Desaster Einhalt gebieten. Doch die indonesische Regierung legt sich quer. Ihr widerstrebt es, den wirtschaftlich zentralen, bis ins Mark korrupten Sektor zu kontrollieren, und die multinationalen Konzerne sehen gerne über den zwielichtigen Ursprung einiger von ihnen verwendeter Rohstoffe hinweg.(...)

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