Premiere am Cerro Kishtwar
Besteigung über die Har-Har Mahadev
Am 14. Oktober 2017 standen Stephan Siegrist (SUI), Julian Zanker (SUI) und Thomas Huber (GER) auf dem Gipfel des Cerro Kishtwar. Sie waren erst das vierte Team, das den Granitgiganten im Himalaja bestiegen hat und das erste, dem dieses Kunststück über die Nordwestwand gelungen ist. Kurz vor dem Ziel mussten sie eine kompakte, teils überhängende 1000-Meter-Wand durchsteigen, auf die noch kein Mensch einen Fuss gesetzt hatte.
Der Cerro Kishtwar liess sich viele Jahre bitten. 1992 versuchten die beiden Briten Andy Perkins und Brendan Murphy die Nordostwand des Cerro Kishtwar zu durchsteigen. Nach 17 Tagen mussten sie 100 Meter unter dem Gipfel erschöpft aufgeben. Ein Jahr später fanden ihre Landsleute Mick Fowler und Steve Sustad als Erste einen Weg auf den Cerro Kishtwar und setzten ihn auf die lange Liste der bestiegenen Berge. Sie waren über eine Eisrampe im linken Teil der Wand in eine auf rund 5600 Metern Höhe gelegene Scharte und dann auf die etwas flachere Ostseite des Berges gestiegen.
In den darauffolgenden Jahren war die Kaschmir-Region aufgrund des Grenzkonflikts mit Pakistan aus militärischen und politischen Gründen gesperrt. Erst 2010 wurde der Zugang wieder erlaubt. Stephan Siegrist, Denis Burdet (SUI) und David Lama (AUT) organisierten 2011 die erste Expedition nach der Aufhebung der Sperre. Ihr Ziel: die Begehung des Cerro Kishtwar im Alpinstil. Der Plan ging auf. Über eine Eisspur auf der Nordwestseite erreichten sie als zweites Team den Gipfel. Stephan ging die markante Wand unter seinen Füssen nicht mehr aus dem Kopf. Er wusste schon damals, dass er zurückkehren würde. Der Kaschmir übt auf ihn eine grosse Faszination aus. „Bereits bei meinem ersten Besuch war ich überwältigt von der eindrucksvollen Gebirgswelt, der Ästhetik der Berge und den vielen ungekletterten Linien. Obendrein trifft man hier kaum auf andere Bergsteiger oder Touristen“, schwärmt Stephan.
2015 bestiegen der mittlerweile verstorbene Hayden Kennedy (USA), Manu Pellisier (FRA) und die Slowenen Marco Prezelj und Urban Novak den Cerro Kishtwar über die Ostwand und wurden dafür mit dem französischen Bergsteigerpreis Piolet d’Or ausgezeichnet.
Gipfelerfolg für Siegrist, Huber und Zanker
Als das Team am 13. September 2017 das Basislager erreichte, schien die Sonne. Die drei gönnten sich keine Pause und etablierten bereits am 18. September das ABC-Lager auf 5050 Metern. Nach mehreren Materialtransporten stiegen sie am 1. Oktober in die Wand ein. Am Fuss der Granitwand auf 5450 Metern wurde das Camp 1 Snowledge errichtet. „Ich war so überwältigt!“, erinnert sich Thomas Huber, der sonst meistens im Karakorum anzutreffen ist. „Die Wand bäumte sich teilweise überhängend über 1000 Meter in den Kaschmiri-Himmel auf und sah unglaublich kompakt aus. Es war verrückt, eine derartige Perspektive hatte ich von einer Wand noch nie gesehen. Aber bei näherem Studium mit dem Fernglas erkannten wir feine Rissstrukturen, die sich sicher gut mit Haken und Klemmkeilen bewältigen liessen.“. Ihr Vorhaben, die Wand in fünf Tagen zu durchsteigen, erwies sich allerdings als allzu optimistisch. (...)
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