Maltas

Klippen

Text
Sophie Czaplejewicz
Copyright
Keystone
Erscheinungstermin
22.09.2016
Maltas

Das honigfarbene Gestein der von Rittern befestigten Hauptstadt ist bekannter als die abrupt ins Meer abfallenden weissen Felsen. Dabei bergen gerade sie ungeahnte Schätze. Die maltesische Zitadelle am Knotenpunkt des Mittelmeers zwischen Sizilien und Afrika bietet sich geradezu an, den Sommer weit in den Herbst hinein zu verlängern. Maltas neue Devise lautet deshalb auch „Sea, Cliffs and Sun“.

In Valletta verlaufen die Strassen wie mit dem Lineal gezogen: schnurgerade und parallel. Die sie verlängernden Treppen und steilen Gassen, das Gewirr aus Stromkabeln, der unverzichtbare Mittagsschlaf und die vielen schwülen Stunden, die auf Kaffeeterrassen verbracht werden, sind allerdings 100% mediterran. Majestätisch auf einer Landzunge thronend und von gewaltigen Festungsmauern und Kanonen umgeben, wirkt die maltesische Hauptstadt mal wie ein Schiff, das bereit ist, seinen Anker zu werfen, mal wie ein kampfbereiter Vorposten, gerüstet, um den Feind zurückzudrängen. Die verschiedenen Angreifer, die seit drei Jahrtausenden mit unterschiedlichem Erfolg versucht haben, die Insel einzunehmen, haben ein buntes Durcheinander aus ockerfarbenen Palästen, mit Maschrabiyya und Erkern geschmückten Fassaden, Türklopfern in Form von Delfinen oder Seepferdchen und roten, von den Briten übernommenen Briefkästen und Telefonkabinen zurückgelassen.

An der Küste ist das Ora et labora dem Carpe diem der Moderne gewichen. Im Blau des Meeres spiegeln sich die typischen Luzzus. Mit ihrem blauen Rumpf, dem gelben, rot unterstrichenen Bug und den beiden schützenden Horusaugen hüpfen die nach alter phönizischer Tradition gebauten Fischerboote wie Farbtupfer vergnügt auf den Wellen. Auf einem Luzzu fährt man der Südküste entlang, bis ein babylonischer Steinbogen das Boot verschluckt. Er bildet das Eingangstor zur Blauen Grotte. Langsam fährt man in der Dunkelheit durch einen langen Felsentunnel. Kaum hat das Luzzu die enge Passage bewältigt, gelangt es in ein rundes Becken mit fast grell leuchtendem, türkisfarbenem Wasser.

Unterwasserzauber
Bis in den Oktober fällt die Meerestemperatur nie unter 23 °C und das Wasser ist so klar, dass man gut und gerne 30 Meter weit sieht. Vor Malta und noch mehr vor der Schwesterinsel Gozo und dem unbewohnten Eiland Comino besteht die Unterwasserwelt aus einem Wirrwarr von Grotten, Bögen, Tunnels und Felswänden, zwischen denen Barrakudas, Tintenfische und Seepferdchen hin- und herflitzen.

In nur 14 Metern Tiefe, direkt vor dem Festungswall der Altstadt, liegt das Wrack des englischen Zerstörers HMS Maori aus dem Zweiten Weltkrieg. Und ganz in der Nähe der Blauen Grotte bewachen riesige Schwärme kleiner Fische und Muränen, die es sich in den Schornsteinen bequem gemacht haben, einen entzweigebrochenen libyschen Tanker. Die Polynésien ist nur etwas für erfahrene Taucher (-60 m). Sie gehörte zur Flotte der französischen Reederei Messageries Maritimes, wurde für den Truppentransport umgebaut und 1918 von einem U-Boot versenkt. An Bord findet man noch immer Flugabwehrraketen und Geschirr.

Mit dem Rücken zur Wand
Surfen und Kitesurfen kann man in Malta nur sporadisch, nämlich dann, wenn in der Mellieha Bay Wind und Wellen mitspielen. Deutlich weniger wetterabhängig ist Cliff Diving. Die Insel hat die Trendsportart erst vor Kurzem für sich entdeckt. Auslöser war ein auf YouTube über 620’000 Mal angeklicktes, vor den Klippen der Inseln aufgenommenes Video von Klippenspringern. Einer der Lieblingsorte ist unbestritten das Azure Window im Süden von Gozo, das durch den Einsturz zweier Meeresgrotten entstanden ist.

Einige bewältigen die Felsen von oben nach unten, andere genau umgekehrt. Was viele nicht wissen: Mit rund 1300 Routen, 300 davon in Gozo, ist Malta ein Klettermekka. Rund ein Viertel davon sind mit Kletterhilfen ausgestattet, für den Rest braucht man Friends, Klemmkeile und Umlenker. Hier langweilen sich auch erfah­rene Kletterer gerantiert nicht. Dafür sorgen eine ganze Menge Routen mit Schwierigkeitsgrad 7 oder sogar 8. Fans von Deep Water Soloing kommen ebenfalls auf ihre Kosten, vor allem an den Küstenfelsen im Norden von Gozo. Badehosen nicht vergessen!

Wanderparadies
Auch im Landesinnern ist Malta ein abwechslungsreicher Tummelplatz. Durch das von Trockensteinmauern und Kaktusfeigenhecken durchzogene Land ziehen sich unzählige unmarkierte Pfade. Sie führen vorbei an alten, befestigen Bauten und den Zyklopenmauern megalithischer, 6000 Jahre alter Tempel, bevor sie abrupt vor steil abfallenden Klippen oder in zwischen zwei Felsbrocken eingeklemmten Häfen enden. Ruhesuchende Wanderer finden im Norden der Insel Malta, am Strand der Imgiebah-Bucht ihr Glück. Da er nur zu Fuss erreicht werden kann, herrscht hier fast absolute Stille. Auf Gozo ist das Schweigen allerdings noch ausgeprägter. Geruhsam wandert man bis zum roten Sandteppich der Ramla-Bucht, die zu einem erfrischenden Bad lockt, und bis zu den schachbrettartig gemusterten Salinen direkt an der Küste.

Anreise
EasyJet fliegt bis Ende Oktober zweimal wöchentlich direkt von Genf nach Malta. Auch Air Malta bietet bis Ende Oktober jeweils samstag einen Direktflug an.

Klima
Das typisch mediterrane Klima zeichnet sich durch sehr angenehmene Zwischensaisons, einen trockenheissen bis sehr heissen Sommer und einen milden Winter aus. Die jährliche Durchschnittstemperatur liegt bei 19 °C.


www.visitmalta.com / www.gozo.com
www.climbmalta.co / www.gozo-climbing.com
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