Im Bann

der Himalaja-Achttausender

Text
Laurent Grabet
Copyright
Sophie Lavaud
Erscheinungstermin
06.12.2018
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Sophie Lavaud hat spät mit dem Bergsteigen angefangen. Das hindert sie nicht daran, einen Achttausender nach dem anderen zu bezwingen. Ihr jüngster Streich: der K2, ihr achter Achttausender, der zugleich als der schwierigste gilt. Wir haben uns mit der Ausnahmekönnerin über ihre Leidenschaft unterhalten, für die sie ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt hat.

„Der Tag wird kommen, an dem ich ohne zu hadern zu etwas anderem übergehe. Aber solange mir das Bergsteigen Freude bereitet und der Körper mitspielt, mache ich weiter.“ Trotz der Müdigkeit, die sich an ihren Augen ablesen lässt, schwingt in Sophie Lavauds Worten glühende Leidenschaft mit. Vor wenigen Tagen hat sie den 8611 Meter hohen K2 bestiegen. Die Strapazen sind ihr aber dennoch kaum anzumerken. Sie habe zwei grossartige Monate in einer anderen Welt verbracht, schwärmt die Fünfzigjährige beim Interview in einem Lokal in Meirin (GE). Seit sie vor sechs Jahren das Hochgebirge entdeckt hat, lässt sie der Himalaja mit seinen majestätischen Achttausendern nicht mehr los. In der Todeszone, in der ständig die Gefahr einer Lungenembolie droht, blüht Sophie Lavaud auf.
Der K2 gilt als der schwierigste Achttausender der Welt. „Er ist der Berg der Superlative. Der härteste, der gefährlichste und der anspruchsvollste. Er ist von allem etwas mehr als die anderen Berge“, bestätigt die Alpinistin. Um ihr rechtes Handgelenk trägt sie acht dünne Armbänder, eines für jeden bezwungenen Achttausender. Zwei hat sie ohne zusätzlichen Sauerstoff bestiegen, sechs stehen noch aus. Ein schweizerischer und französischer Rekord, der ihr den Spitznamen „The 64’000 Lady“ (8 x 8000 = 64’000) eingebracht hat. Sie habe erst im Nachhinein erfahren, dass vor ihr noch keine andere Schweizerin auf dem K2 war, sagt Sophie Lavaud. „Ich will nicht auf Teufel komm raus alle Achttausender erklimmen, obwohl das bisher erst vier Frauen gelungen ist. Aber stolz bin ich schon, dass ich den K2 geschafft habe.“

Eine Wette, die alles VERÄNDERTE
Sophie Lavaud ist eine zurückhaltende, fast schüchterne Frau. Sie sei darauf bedacht, die Kontrolle zu behalten, sagt sie. Diese Charaktereigenschaft hat ihr in den Bergen schon oft geholfen. So gern die Genferin übers Bergsteigen spricht, so wenig gibt sie über sich preis. Scheinwerferlicht geht sie aus dem Weg, Kameras meidet sie. Auslöser für ihre späte Leidenschaft war eine verlorene Wette, die sie 2004 mit der Besteigung des Mont Blanc einlöste. Das Erlebnis entfachte in ihr ein Feuer, das nicht mehr zu löschen war und 2012 in der Doppelbesteigung des Shishapangma (8027 m) und des Cho Oyu (8201 m) ihren vorläufigen Höhepunkt fand.
Sophie Lavauds Familie besass in Argentière im Chamonix-Tal eine Ferienwohnung. Ihr Vater, ein ehemaliger Gebirgsjäger, und ihre wanderbegeisterte Mutter nahmen sie und ihren Bruder oft ins Mont-Blanc-Massiv mit. „Wir gingen nicht bergsteigen, aber wir hatten jeder einen Berg ausgewählt, dem wir abends gute Nacht wünschten“, erinnert sich Sophie. Schmunzelnd fügt sie hinzu: „Mein Berg war die Aiguille Verte, der meines Vaters die Aiguille du Dru, übrigens der letzte Lavaud-Berg, den ich noch nicht bestiegen habe.“(...)

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