Ben Thouard
Mann des Meeres
Er sei Meeresfotograf, sagt Ben Thouard, wenn er nach seinem Beruf gefragt wird. Eine nicht alltägliche Tätigkeit, die er auf, aber auch unter Wasser ausübt. Meistens ist er mit seiner Kamera in Tahiti unterwegs. Dort sucht er den Kontakt mit der legendären Welle Teahupoo und schiesst ohne Sauerstoff tauchend Bilder, die seinem Staunen vor der Kraft und der Schönheit der Ozeane Ausdruck verleihen. Ben ist ein Fisch und ein Künstler. Er liefert uns seine Weltsicht im poetischen Bildband «Surface».
Als Kind verbrachte Ben Thouard die Sommermonate auf dem Segelboot seines Vaters. Eigentlich sollte die Reise nach Korsika gehen, doch im Grunde genommen war stets der Weg das Ziel. Während die meisten von einem Stück Land zum nächsten segeln und sich oft mit mulmigem Gefühl an die Überfahrten wagen, liessen Ben und sein Vater die Wochen auf offenem Meer vorbeirieseln und genossen die Einsamkeit mitten im Nirgendwo. Der kleine Junge entwickelte eine innige Beziehung zum Ozean. Seither ist das Meer sein Zuhause. Es erfüllt ihn mit innerer Ruhe und Glück.
Mit acht Jahren entdeckte Ben das Surfen und verbrachte fortan jede freie Minute auf dem Brett. Wenn immer möglich tauschte er den Strand von Toulon gegen Tubes in Hawaii. Mehrere Jahre feilte er an seinem Talent als Wellenreiter und Fotograf. Er bereiste die Welt, stürzte sich an den unterschiedlichsten Spots ins Wasser, suchte verlassene Inselgruppen auf und surfte einsame Breaks. Er war in Timor, Madagaskar, Indonesien, Mikronesien und Mosambik. Für Ben Thouard ist die Welt ein Ozean. 2007 verliebte er sich Hals über Kopf in Teahupoo, das Hauptquartier der Maohi-Surfer. Er liess sich ganz in der Nähe nieder und lichtet seither das Meer vor seiner Haustür in begeisternden Aufnahmen ab.
Ein Künstler taucht auf
Zehn Jahre schon surft Ben auf den Wellen. Er mustert, überdenkt und bändigt sie. Aus diesen langen Jahren ständiger Fortschritte und Überlegungen ist ein grossartiger Bildband entstanden. Surface, zu Deutsch Oberfläche, ist eine Liebeserklärung an das Meer, an den Zwischenraum zwischen zwei Welten, wo Luft und Wasser aufeinandertreffen. „Wellen sind nur eine Verformung der Oberfläche“, sagt er. „Ihr Zusammenspiel mit dem Licht ist faszinierend und verändert sich ständig. Ich fotografiere tagelang ohne Sauerstoffflasche, um durch das Wasser das festzuhalten, was auf der anderen Seite des Spiegels geschieht.“ In diesen Momenten fühlt sich Ben Thouard erfüllt, so wie früher, als er als Kind im Mittelmeer tauchte.
Fast schleichend nimmt der Ozean in seinen Bildern im Verhältnis zu den Surfern immer mehr Platz ein. Er ist nicht mehr nur Kulisse, sondern Schauplatz und sogar Akteur, gibt seine Launen preis, ist einmal friedlich, dann abwartend und plötzlich kampfeslustig und aufbrausend. Es spielt mit den Menschen, toleriert sie, schluckt sie und spuckt sie wieder aus. Ben nimmt den Ozean aus den unmöglichsten und ungewöhnlichsten Winkeln auf. Er offenbart dabei eine verkehrte Welt, einen Hexenkessel aus Wellen, die gewaltsam und laut krachend zerbersten, als würde am Himmel ein Gewitter niedergehen. 13 Jahre war Ben als Actionfotograf tätig, dabei entwickelte er eine innige, angstfreie Beziehung zum Wasser. Und er kehrte zu den Schwarz-Weiss-Fotografien aus seinen Anfängen zurück. Aus dem begnadeten Surffotografen ist ein Künstler geworden, der seine Bilder in limitierter Auflage verkauft und in renommierten Galerien ausstellt.(...)
Um weiterzulesen, bitte abonnieren Sie !

